Die Liebe ist eine merkwürdige Sache. Vor allem deshalb, weil wir gar nicht wissen was Liebe eigentlich ist. Ich selbst verstand unter diesem Wort eben eine Gefühlslage, die man eigentlich so gar nicht beschreiben konnte. Ein komische Gefühl in der Magengegend oder so ähnlich.
Ich habe mich im letzten Jahr ziemlich viel mit diesem Wort beschäftigt. Ich habe herausgefunden, dass der Herr Jesus die Liebe das größte Gebot im Gesetz nennt:
36 Meister, welches ist das größte Gebot im Gesetz? 37 Und Jesus sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken«. 38 Das ist das erste und größte Gebot. 39 Und das zweite ist ihm vergleichbar: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«. An diesen zwei Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten.
Wow – wie gewaltig. Im Prinzip das ganze AT, das gesamte Gesetz in diesen beiden Geboten. Was für eine Essenz ist dieses Wort. Auch seinen Jüngern gab der Herr (und später auch die Apostel) immer wieder die Anweisung (schon fast sowas wie ein Befehl):
Joh 15,12: Das ist mein Gebot, daß ihr einander liebt, gleichwie ich euch geliebt habe.
Hmm – im Prinzip ist es ein Befehl. Wie kann man jemanden befehlen jemanden anderen zu lieben? Liebe dieses köstliche Gefühl der Zuneigung – das kann man doch nicht jedem zuteil werden lassen? Doch nicht ohne das dieses Gefühl zu einer reinen Oberflächlichkeit verdirbt. Wie kann der Herr so etwas verlangen?
Es ist ganz einfach! Liebe ist kein Gefühl – jedenfalls nicht nur. Denn Leute: der Herr hatte mit Sicherheit keine erhebenden Gefühle als er da im Garten Gethsemane seinen Tod vor Augen hatte. Am Kreuz tat diese Liebe für uns allenfalls schrecklich weh.
Ich erkannte, dass Liebe viel mehr ist als dieses Gefühl. Es ist ein Dienst. Jemanden anderen zu lieben ist wesentlich mehr, als es im allgemeinen angenommen wird. Jedem Menschen sollte das Hohelied der Liebe in 1. Korinther 13,1 auf die Stirn tätowiert werden, wenn wir es schon nicht in unsere Herzen tätowieren. Denn hier finden wir die göttliche Definition von Liebe. Es ist ein wundervoller Text, BITTE lest ihn Euch aufmerksam durch.
1 Wenn ich in Sprachen der Menschen und der Engel redete, aber keine Liebe hätte, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. 2 Und wenn ich Weissagung hätte und alle Geheimnisse wüßte und alle Erkenntnis, und wenn ich allen Glauben besäße, so daß ich Berge versetzte, aber keine Liebe hätte, so wäre ich nichts. 3 Und wenn ich alle meine Habe austeilte und meinen Leib hingäbe, damit ich verbrannt würde, aber keine Liebe hätte, so nützte es mir nichts!
4 Die Liebe ist langmütig und gütig, die Liebe beneidet nicht, die Liebe prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf; 5 sie ist nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu; 6 sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; 7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.
8 Die Liebe hört niemals auf. Aber seien es Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden.9 Denn wir erkennen stückweise und wir weissagen stückweise; 10 wenn aber einmal das Vollkommene da ist, dann wird das Stückwerk weggetan. 11 Als ich ein Unmündiger war, redete ich wie ein Unmündiger, dachte wie ein Unmündiger und urteilte wie ein Unmündiger; als ich aber ein Mann wurde, tat ich weg, was zum Unmündigsein gehört. 12 Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels wie im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht; jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. 13 Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe.
Ich habe letztes Jahr erkannt, dass ich an meiner Liebe zu Gott und meinen Nächsten (was gleichzeitig auch die Liebe mir selbst gegenüber bedeutet, denn ich kann den Nächsten nur lieben, wenn ich mich selbst auch liebe) noch hart arbeiten muss. Ich habe erkannt, dass Liebe arbeit bedeutet. Es ist kein Gefühl von sich heraus, kann einem aber mit einem unglaublich schönen Gefühl erfüllen.
Ich habe weiter unten etwas über Ehe und Liebe geschrieben und auf Predigten von Christof Lenzen und Pastor Wegert verwiesen. Aber Leute: wenn doch die Menschen einfach nur versuchen würden so zu lieben, dann würde es wesentlich weniger Scheidungen wegen nicht zugedrehter Zahnpasta-Tuben oder ähnlicher Kleinigkeiten geben. Die Liebe würde es einfach dulden, die Liebe würde den Verschluss auf die Tube drehen…
Da hast du ja Recht, aber man sollte vielleicht noch erwähnen, dass wir Menschen immer ein Gegenüber brauchen, damit die Liebe funktioniert. Also wenn man immer den Deckel auf die Tube dreht und der Partner keine Rücksicht nimmt und es weitestgehend ignoriert, dass man sich darüber ärgert, dann vermindert das die Liebe.
Und da wird dann auch plötzlich klar, was an der Liebe Gottes so einzigartig ist. Sie ist unverdient, bedingungslos und einseitig. „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“(1. Joh 4,19)
Kein Mensch könnte bedingungslos lieben. Nur bei Gott können wir „neue Liebe tanken“, ohne etwas leisten zu müssen.
Wenn es also darum geht, die Menschen zu lieben, dann muss das immer Hand in Hand mit der Liebe zu Gott gehen. Die eigene Frau zu lieben, wenn sie einem gerade was Nettes tut, ist ja einfach. Schwieriger wird es bei Meinungsverschiedenheiten, oder ganz krass bei der Aussage „Liebt eure Feinde!“ Wie soll das gehen, wo wir doch immer auf die Liebe unseres Gegenüber angewiesen sind? Das geht nur mit der Liebe, die von Gott kommt. Und die können wir auch dann noch weiter geben, wenn von dem anderen Menschen keine Liebe zurück kommt.
Wir sind sozusagen die Vermittler und nicht die Dienstleister, was die Liebe angeht. Wir können diese Art von Liebe überhaupt nicht selbst „herstellen“, also sollten wir uns voll und ganz darauf konzentrieren, sie zu vermitteln.
Also wirklich auch vermitteln, nicht nur empfangen. Wobei das Empfangen ja auch ein wichtiger Punkt ist, sonst kann man sie auch nicht vermitteln. Manche empfangen die Liebe Gottes sehr stark und geben sie nicht weiter. Manche empfangen die Liebe Gottes nicht umfassend genug und geben eine selbst gebasteltes Imitat der Liebe weiter. Und manche empfangen die Liebe Gottes sehr stark und geben trotzdem ihr selbst gebasteltes Imitat der Liebe weiter.
Naja, sehr abstraktes Thema. Ich hoffe, es war verständlich, was ich sagen wollte.
Philip
Liebe ist das höchste Gebot. Richtig. Aber kein Gebot im Sinne von „Lieben, marsch marsch!“ sondern eine Platzanweisung von Jesus, eine Zielvorgabe. In der Realität ist es ein lebenslanger Wachstumsprozess, mit schnelleren und langsameren Wachstumsphasen. Und manchmal mit fast schon explosiven Fortschritten und dann wieder mit kräftigem auf-die-Schnauze-fallen. Da kennt Jesus uns gut genug.
Für viele Menschen, denen ich begegne, ist es erst einmal eine Aufgabe, zu lernen (in einer geistlich gesunden Art und Weise) sich selbst zu lieben. (Oder „anzunehmen“ wie immer man das ausdrücken will). Zu erkennen, was man in Jesus ist: geliebt, erlöst, befreit. Und von da aus Liebe an andere weiterzugeben.
Naja, wie Philip schon gesagt hat: Abstraktes Thema. Und sehr erschöpfend. Aber 1. Kor. 13 weist einen guten Weg (auch wenn’s da ja eigentlich ums Thema „Geistesgaben“ geht – auch so ein Reizthema, dass uns viel Liebe abfordert…) :-)
Hmm – das mit dem Gegenüber sehe ich anders. Auch das mit dem Marschbefehl. Ich denke, dass es gerade die Liebe ist die uns zu Salz und Licht macht.
Es ist ja einfach zu sagen: ich würde ja gerne mehr Lieben, aber ich bekomme ja nichts zurück. Ich denke, dass es gerade das ist, was uns von anderen unterscheidet.
Ich denke, dass es eine verdammt schwere Aufgabe ist, so zu lieben. Aber ich denke auch, dass wir alle aufgerufen sind daran zu arbeiten Jesus ähnlicher zu werden. Und damit auch so zu lieben wie er es tat.
Im Prinzip meinte ich es so wie Rolf: es ist eine lebenslange Zielvorgabe. Die Reihenfolge gibt Jesus vor: Gott lieben, dann den Nächsten. Klar setzt dies voraus (hab ich auch geschrieben), dass man sich selbst lieben muss. Liebe in dem Sinne bedeutet auch nicht, dass man immer alles nachgeben muss. Man gibt sich ja selber auch nicht immer alles nach. Jesus und Paulus reden auch nicht über Blümchen, die reden auch Tacheles!
Und das Gottes Liebe zu uns auch mal schmerzhaft sein kann, weil er mal wieder erzieherisch in unser Leben eingreifen muss, zeigt, dass Liebe eben nicht dieses schöne Bauchgefühl (die berühmten Schmetterlinge) ist.
Ihr habt recht, so einfach geht das nicht. Man kann nicht morgens aufwachen und dann sagen: Hallo Welt! Ab jetzt lieb ich dich aber!
Das funktioniert nicht. Das ist Arbeit! Und das man dafür (wie für alles im Leben) die Hilfe unseres Herrn braucht ist auch klar!
ABER: ich finde das Thema wird vieeeeel zu wenig besprochen. Auch in christlichen Blogs wird über alles und nichts diskutiert. Wir Christen müssen uns doch fragen wie wir dieser Welt denn entgegen treten sollen. Wir lästern, schimpfen, klagen und weinen.
Jesus selbst sagt uns ganz klar wie wir unseren Feinden und damit auch der Welt entgegentreten sollten: „Lukas 6,27 Euch aber, die ihr hört, sage ich: Liebt eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen; 28 segnet, die euch fluchen, und betet für die, welche euch beleidigen! 29 Dem, der dich auf die eine Backe schlägt, biete auch die andere dar; und dem, der dir den Mantel nimmt, verweigere auch das Hemd nicht.30 Gib aber jedem, der dich bittet; und von dem, der dir das Deine nimmt, fordere es nicht zurück.“
Er stellt klar, dass es einfach ist seine Brüder und Schwestern zu lieben – dafür wird es keinen Lohn geben. Es ist leicht die zu lieben, die einen selbst lieben – auch dafür wird es keinen Lohn geben.
Und deshalb: doch es ist ein Marschbefehl! Es ist ein Gebot des Herrn – irgendwie weiß ich nicht, wie ich das anders deuten soll.
Quincy, das habe ich jetzt nicht verstanden, wo wir das anders sehen. :-)
Ich denke, es ist nur eine andere Perspektive auf die selbe Sache. Das findet man auch in der Bibel. Ich denke, dass meine Ausführung z.B. näher bei Johannes ist und deine näher an dem, was die anderen Evangelisten schreiben. Aber wir wissen ja, dass sie sich nicht widersprechen, sondern gegenseitig ergänzen.
Ich denke ja nicht, dass wir nur passive Marionetten sind, durch die die Liebe Gottes durchfließt oder sowas. Nein, es geht schon um Aktivität, die von uns ausgehen soll.
In Jesus bringen WIR viel Frucht, ohne ihn können wir NICHTS tun. Zumindest nichts, was vor Gott bestand hat. Da habe ich wirklich sehr lange gebraucht, um mir das in allen Lagen einzugestehen. Ich wollte immer etwas aus eigener Kraft leisten. Jetzt weiß ich, dass dieser Vers wahr ist und ich weiß, dass in ihm eine riesige Weisheit steckt.
Hmm in letzter Zeit habe ich wohl einfach Probleme damit mich richtig auszudrücken. Irgendwie werden es immer mehr Worte, aber das was ich ausdrücken will kommt trotzdem nicht raus. :)
Du hast recht: es ist beides. Eigentlich ganz klar! Ich denke, dass der Herr uns schon arbeiten sehen will. Nicht, damit wir was tun, sondern damit wir uns verändern. Wir sollen an uns und unserem Charakter arbeiten und eben versuchen dem Ideal Jesus näher zu kommen.
Gleichzeitig ist aber auch klar, dass wir rein aus eigener Kraft dieses Ideal nie erreichen können. Das Ziel erreichen wir nur mit Jesus. Vielleicht hab ich das zu wenig betont, weil es für mich einfach ganz klar ist: ohne den Herrn, das Vertrauen auf ihn, die Liebe zu ihm kommt nix bei raus.
Wir brauchen Ihn! Doch die Hände in den Schoß legen und „Servus Jesus, mach mal“ rufen bringt auch nichts. Ich glaube Gott möchte sehr wohl, dass wir uns auch anstrengen und arbeiten. Eine Mischung aus beiden also, wobei klar ist, dass es letztlich Jesus ist der die Veränderung bringt.
ABER: wenn wir Jesus nicht in uns hätten, würden wir gar nicht darüber nachdenken/ uns anstrengen so zu zu lieben wie der Herr es will. Ist es nicht schon der Glaube/die Liebe zum Herrn, die uns dazu antreibt ihm ähnlicher zu werden?
Bei Christof Lenzen gibt es eine ähnliche Diskussion: http://wegbegleiter.wordpress.com/2009/01/29/uberforderung-oder-eben-doch-freiheit